Nürtingen aktuell
Nürtingen aktuell
Die Gartenschaujury war zu Gast in Nürtingen!
Erstelldatum28.07.2020
Die Mitglieder der Fachkommission vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz waren sichtlich beeindruckt von der Vorstellung des Gesamtplanungskonzepts der Landesgartenschau in Nürtingen. Am gestrigen Dienstag reisten sie in die Neckarstadt und erfuhren in zweieinhalb Stunden, welches Potenzial in Nürtingen steckt.
„Das Ziel einer Landesgartenschau ist, die Lebensqualität zu verbessern und strukturschwächeren Städten zu helfen ihre städteplanerischen und ökologischen Kompetenzen voll auszuschöpfen. Keine andere der beworbenen großen Kreisstädte weist, meiner Meinung nach, ein größeres Innenentwicklungspotenzial auf, als unser Nürtingen“, erklärte Oberbürgermeister Dr. Johannes Fridrich.
Auf dem künftigen Bahnstadtgelände in Nürtingen wurden die Jurymitglieder empfangen. Oberbürgermeister Fridrich gab einen kurzen Einblick in die Großbauprojekte der Stadt. Der Fokus lag bei der Bahnstadt, da die Entwicklung rund um den Bahnhof das Aushängeschild für Nürtingen ist. Und nicht nur das: „Die neue Bahnstadt auf städtischem Grund ist Teil des Netzes der Internationalen Bauausstellung und kann wunderbar in das Landesgartenschaugelände als nachhaltiges Quartier- und Vorzeigeprojekt integriert werden.“
Mit den E-Bikes ging es für die Fachkommission von der Plochinger Straße am Bahnhof durch den Saubachtunnel über die Europastraße zur Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU). In der Europastraße wurde den fahrenden Jurymitgliedern mit einem überdimensionalen Vorhang, der über die Straße gespannt war und sich langsam öffnete, die künftige Europastraße gezeigt.
An der HfWU wurden die Mitglieder der Gartenschaujury von Rektor Professor Dr. Andreas Frey begrüßt. Er konzentrierte sich bei seiner Vorstellung auf die Rolle, die die Hochschule für die Bewerbung der Stadt Nürtingen um die Landesgartenschau spielt.
„Wir sind nach den Worten des Ministerpräsidenten ´die Modellhochschule´ für nachhaltige Entwicklung“, so Frey. Er bekräftigte das gute „Miteinander“ mit der Stadt. Die Hochschule sieht sich nicht neben, sondern „mittendrin“ in ihrer Heimatkommune. Mittendrin mit ihren rund 6000 Studierenden und 140 Professoren in 32 Studiengängen. „Wir unterstützen die Stadt mit aller Kraft. Wir bieten der Stadt wissenschaftliche, anwendungsbezogene Expertise in nahezu allen Feldern, mit denen sich eine Gartenschau, die zukunftsgewandt sein will, befasst.“
Nürtingen stehe im Wettbewerb mit anderen Städten. Da zählen auch die „weichen“ Faktoren, wie Kultur und Lebensqualität, so Frey. Davon profitiere auch die Hochschule, denn die brauche eine attraktive Stadt im Rennen um qualifizierte Studierende und Wissenschaftler.
Für die Stadt und die Hochschule sei eine Landesgartenschau eine einmalige Zukunftschance und umgekehrt. Genauso sei das Gespann Stadt-Hochschule auch eine einmalige Chance für die Landesgartenschau.
„Mit unserer Hochschule für Wirtschaft und Umwelt haben wir einen Innovativmotor als Alleinstellungsmerkmal. Die landesweit einmalige Kombination von Studiengängen wie Landschaftsarchitektur, Stadtplanung, Umweltschutz, Mobilitätswirtschaft und Kunsttherapie ist prädestiniert dafür, die Landesgartenschau mit zukunftsweisenden Ideen zu unterstützen“, ergänzte Fridrich. Die Anregungen von der HfWU für das Konzept der Landesgartenschau lieferten bereits einen sehr wertvollen fachlichen Input.
Fachlich und sehr lebendig, ging es am Neckar weiter. Zu den zwei Stationen Neckarterrassen und Ruderclub fuhren die Jurymitglieder wieder mit den E-Bikes. Zentrale Themen an beiden Neckarufern waren die Erlebbarkeit des Gewässers und den Nutzen, den die Bürgerinnen und Bürger dort haben. Denn die Erlebbarmachung des Gewässers, dessen Erschließung für die Freiraumnutzung mit gleichzeitiger ökologischer Aufwertung sind Schwerpunktziele des Konzeptes von Nürtingen. Die laufenden Planungen für die Ertüchtigung des Hochwasserschutzes sollen dabei integriert werden. „Wir haben hier ein sehr großes Gestaltungspotential, mit dem Wörth-Areal und dem westlichen Ufer, an einem der größten Flüsse im Land“, so Fridrich.
Das Wörth-Areal schmückt derzeit ein temporäres Urban-Gardening-Projekt, das bis Ende nächsten Jahres begrenzt ist. Hier signalisierte das Stadtoberhaupt, dass dann mit allen Beteiligten überlegt werde, welches Konzept an dieser Stelle zur Landesgartenschau passt. Er könne sich auf dem Parkplatz eine einreihige Bebauung für zukunftsweisendes, generationenübergreifendes Wohnen vorstellen und zum Neckar hin eine Freifläche mit hoher Aufenthaltsqualität - ganz die im Sinne des Konzeptes der Landesgartenschau.
Die Pläne über ein Naturhotel neben der FKN, welche bereits im Gemeinderat vorgestellt wurde, erwähnte er ebenfalls. Die ersten Planentwürfe enthalten hier eine große Freifläche am Neckar, die bei einem Zuschlag für die Gartenschau ins Konzept integriert werden könnten. Ebenso ist angedacht, die Freifläche im städtischen Eigentum zu belassen, sodass man völlig frei in der Gestaltung ist.
Von der Fläche und dem Potenzial konnten sich die Jurymitglieder dann auch selbst überzeugen. Denn vom Ruderclub aus ging es mit dem Boot über den Neckar zu FKN-Seite. Dort wurden sie vom Leiter der Musik- und Jugendkunstschule, Albrecht Meincke mit einigen Musikern empfangen. Die eigens dafür komponierte LaGa-Hymne ertönte das Neckarufer entlang, zur Begeisterung der Mitglieder der Fachkommission. Zu Fuß ging es vor zur Neckarbrücke. Hier vor dem schönsten Panorama der Stadt zeigte sich Nürtingen bei strahlendem Sonnenschein.
Hier bekamen die Jurymitglieder sogenannte „Virtual Reality-Brillen“. Diese technische Raffinesse setzt man wie eine gewöhnliche Taucherbrille auf und sieht dann eine computergenerierte Wirklichkeit mit einem 3D-Bild.
Der Auswahlkommission wurden via 3D- Simulation die Neckarterrassen und der Brückenschlag über den Neckar gezeigt, wie er einmal aussehen könnte.
Von da aus wurde der letzte Tritt in die Pedale der E-Bikes angetreten. Entlang des Neckars führte die Besichtigung bis zu den Plätschwiesen.
Dort wartete ein Empfangskomitee, denn stellvertretend für alle Garten - und Landschaftsbauer waren dort Albrecht Bühler mit Fahrzeugen, Mitarbeitern und Auszubildenden, um zu zeigen, dass dieser Berufsstand in Nürtingen speziell für die LaGa zur Stelle ist.
An den Plätschwiesen wurden vor allem der Klimaschutz und die Umsetzung in Nürtingen angesprochen.
„Wir wollen das Klima nicht nur schützen, sondern gleich in mehrfacher Hinsicht verbessern“, so Oberbürgermeister Fridrich. Dachbegrünungen oder neue Baumbestände helfen dabei, die Fieberkurve der Stadt zu senken. Mit dem Ausbau von Rad- und Fußwegen fördert die Stadt eine schadstofffreie Fortbewegung.
Andere Aspekte der klimagerechten Konzeption von Siedlungs- und Freiräumen wie Schattenplanung, Verdunstungskühlung durch Pflanzen und Wasser, klimaangepasste Vegetation sowie Regenwassermanagement finden Eingang in das Konzept der Landesgartenschau. Und auch ein Mobilitätskonzept soll in Nürtingen Fuß fassen. Die vorhandenen verkehrlichen Anbindungen sollen untersucht werden, um anschließend alternative Verkehrswege zu finden und neue Ideen weiterzuentwickeln, natürlich im Interesse aller Verkehrsteilnehmer.
Von den Plätschwiesen ging es mit dem Bus Richtung Galgenberg und von da zu Fuß zum Hallenbad. Auf der Dachterrasse des Hallenbads ging der Geschäftsführer der Stadtwerke, Volkmar Klaußer auf die wichtige Verbindung zwischen Stadt und Stadtwerke ein. Weitere Themen, die er ansprach, waren Nachhaltigkeit, Bienenstrom, Mobilität, wie autonomes Fahren und der Klimaschutz allgemein.
Stadtrat Dr. Martin Häberle, der als Vertreter der Fraktionsvorsitzenden den Jurytag begleitete, unterstrich, dass die Mitglieder des Gemeinderats in den nächsten Jahren zahlreiche Projekte umsetzen wollen. Dazu nannte sie vor allem im Bereich Verkehr die Mobilitätswende.
Neben der Bahnstadt und den Wohnbauprojekten nannte sie als besonders wichtig das Neckarufer mit der Altstadt und den stadtnahen Grünflächen zu verbinden und für alle zu gestalten. Die Landesgartenschau in Nürtingen soll ein Beispiel für zukunftsweisende Stadtgestaltung sein, so ihr Appell!
Die Tour endete mit einer Laudatio des Oberbürgermeisters Dr. Johannes Fridrich auf Nürtingen: „Die Landesgartenschau ist Nürtingen und Nürtingen ist die Landesgartenschau! Ich meine das auch örtlich, da das Landesgartenschaugelände unsere Innenstadt einschließt. Es ist nicht irgendwo am Rand, sondern mittendrin!“ Aus städteplanerischer Sicht seien die Voraussetzungen für eine Landesgartenschau in Nürtingen ideal. Mit dem Neckar- und Galgenberggelände hat die Stadt viele städtische Flächen, die nachhaltig und dauerhaft im Sinne der Landesgartenschau überplant werden können. „Ich kenne keine Stadt, die so ein großes und ungenutztes Entwicklungspotential hat mit fast grenzenlosen Möglichkeiten der Stadt- und Freiflächenentwicklung“, betonte der Nürtinger OB.
Eine Gartenschau sei prädestiniert dafür, Möglichkeiten zu schaffen, um vorhandene Planungen mit der Freiraumplanung in Einklang zu bekommen, so Fridrich weiter. Außerdem helfe die Landesgartenschau, das Stadtbild dauerhaft zu ändern. Gerade „die Schokoladenseite“, wie Fridrich die Neckarterrassen beschrieb, sollen als künftiger und vor allem autofreier Stadtbalkon genutzt werden. Stufen, auf denen man sitzen, den Neckar erleben und ein vergleichbares südfranzösisches Flair genießen kann, sind seine Visionen.
Die Bundesstraße B 313 als „unschöne Barriere“ soll mit Hilfe der LaGa überwunden werden. Die „schöne Barriere“, der Neckar, soll zugänglich für alle sein. Allgemein gilt es, künftig die attraktiven Gebiete der Stadt zu verbinden, wie beispielsweise den Galgenbergpark an die Altstadt. „Grenzenlos und barrierefrei in jeder Hinsicht ist das, was unsere Bewerbung für mich ganz besonders macht. Es soll keine Grenzen geben, keine Zäune und keine Barrieren, weder in der Landschaft, noch in den Köpfen.“
Und da geht er mit seinem Team voran, und das sind alle: „Die Stadt ist OB und der OB ist die Stadt“, das meinte Dr. Johannes Fridrich im übertragenen Sinne. „Alle ziehen an einem Strang: Hochschule, Wirtschaftsbetriebe, Gemeinderat und - am allerwichtigsten - unsere Bürgerinnen und Bürger.“ Über 600 Anregungen aus der Bevölkerung flossen in die Bewerbung mit ein. Dafür ist Oberbürgermeister Dr. Johannes Fridrich sehr dankbar.
Am Ende des Rundgangs, auf der Dachterrasse des Hallenbades, nutzten die Jurymitglieder die Zeit, um Fragen zur Finanzierung und zur Umsetzung der geplanten Maßnahmen zu stellen. Außerdem lobten sie den gut durchorganisierten Ablauf des Tages.
Ob Nürtingen mit diesem gelungenen Bewerbungsrundgang punkten konnte, wird jetzt entschieden. Die Jury wird aktuell alle Bewerbungen reflektieren und an den Ministerrat weiterleiten. Eine Entscheidung für die Gartenschauen der Jahre 2031 bis 2036 wird es im Oktober in einer Kabinettssitzung geben.
Zum dritten Mal nach 1996 und 2009 bewirbt sich die Stadt Nürtingen um die Ausrichtung einer Gartenschau. Im Dezember 2019 hat die Stadt Nürtingen ihre Bewerbungsunterlagen für die Ausrichtung einer Landesgartenschau im benannten Zeitraum beim Ministerium eingereicht.
Alle Informationen zur Bewerbung für die Landesgartenschau finden Sie hier!