Nürtingen aktuell
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Überlegungen und Ideen zu Mountainbiketrail
Erstelldatum28.05.2021
Freizeitdestination Wald: Erster Meinungsaustausch verschiedener Nutzergruppen
Abends noch etwas trinken gehen, am freien Tag ausgiebig shoppen, Feste feiern oder sich beim Fußballspiel austoben: Diese und viele weitere Freizeitaktivitäten sind durch die Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie seit Monaten nicht mehr möglich. Da wundert es nicht, dass die Menschen die Natur vor der eigenen Haustür für sich wiederentdecken und auf Wanderschaft oder Radtour gehen. Insbesondere die Wälder sind zu beliebten Zufluchten aus dem Alltag geworden, denn sie versprechen ein intensives Naturerlebnis. Doch wenn viele Menschen mit unterschiedlichen Interessen aufeinanderprallen, geht dies selten ohne Reibereien vonstatten. Und so mehren sich vielerorts Beschwerden von Fußgängern über vermeintlich rücksichtlose Radler, von Radlern über angeblich verantwortungslose Spaziergänger, die ihre Hunde von der Leine lassen oder von Jägern und Forstwirten über Wanderer, welche befestigte Wege verlassen und mitten durch die Natur laufen.
Der Wald wiederum ist in erster Linie jedoch nicht zur Bedürfnisbefriedigung bewegungsaktiver Städter da, sondern erfüllt zahlreiche Funktionen, die Umsicht und Rücksichtnahme erfordern. Der Wald dient als Rohstofflieferant, dessen Bestand allerdings durch zunehmende Trockenheit und Hitzeperioden gefährdet ist. Er produziert zudem Sauerstoff und spielt daher eine wichtige ökologische Rolle. Weiterhin ist er Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen, deren Bestand durch den vermehrten Eingriff des Menschen bedroht ist.
Um dieses Spannungsfeld unterschiedlichster Bedürfnisse nicht zu einer Spielwiese mit Explosionsgefahr werden zu lassen, haben die Städte Nürtingen und Kirchheim unter Teck gemeinsam mit dem Planungsbüro Tour Konzept Vertreter unterschiedlicher Nutzer- und Interessensgruppen eingeladen, um ein Stimmungsbild darüber einzuholen, ob und wie legale Mountainbike-Trails im Talwald zwischen Nürtingen-Reudern und den Kirchheimer Bürgerseen ausgewiesen werden können. Ziel des Projekts sollen genehmigungsfähige und naturverträgliche Mountainbike-Trails sein, die von allen Beteiligten akzeptiert werden.
Mehr als 50 Interessenten aus Reihen engagierter Mountainbiker, Jagdpächter, von Stadt-, Landkreis- und Forstverwaltung sowie vom Schwäbischen Albverein haben sich am 25. März zur Auftaktveranstaltung in Form einer Online-Diskussionsrunde mit anschließendem Workshop in Kleingruppen zusammengefunden, um ihre Wünsche und Vorstellungen darzulegen sowie Vorschläge zur Umsetzung zu machen.
Das Landeswaldgesetz schreibt vor, dass Radfahrer im Wald nur Wege benützen dürfen, die breiter als zwei Meter sind. Vor acht Jahren lehnte das Land zuletzt eine Lockerung ab, als Hessen sich zu diesem Schritt entschloss. Auch in Bayern ist die Nutzung von „festen“ oder „geeigneten“ Wegen im Wald zulässig - ohne eine Einschränkung in Sachen Mindestbreite. Nachdem Mountainbiker jedoch selten den geschotterten Weg, auf dem an warmen Sommertagen eine Vielzahl an Spaziergängern, Joggern oder Reitern unterwegs ist, sondern den topografisch und landschaftlich abwechslungsreichen und sportlich herausfordernden Streckenverlauf bevorzugen, führte dies in der Vergangenheit immer wieder dazu, dass illegal Trails angelegt wurden. Dies ist manchen Naturschützern und anderen Waldnutzern ein Dorn im Auge. Mitunter wurden die illegal angelegten Trails mit Stolperfallen versehen, die lebensgefährliche Verletzungen zur Folge haben können. Ein erster Meinungsaustausch der verschiedenen Interessensgruppen sollte daher dazu dienen, die Möglichkeiten der gemeinsamen Nutzung für den Wald zwischen Nürtingen und Kirchheim unter Teck zu erörtern.
Einig waren sich die Beteiligten darüber, dass einiges an Aufklärungsarbeit und klare Regeln nötig sein werden, um eine breite Akzeptanz für die Schaffung von Mountainbike-Trails zu schaffen. Außerdem sollten variable Strecken naturverträglich und wegen der damit verbundenen Auflagen und Haftungsfragen auch ohne zusätzliche Bauwerke wie Schanzen oder ausgebaute Kurven umgesetzt werden. Unabhängig davon kann jedoch durch gegenseitige Rücksichtnahme aller Waldnutzer das Konfliktpotenzial deutlich verringert und ein friedliches Nebeneinander auf den Wegen erreicht werden.
Nachdem überwiegend Interesse und Motivation signalisiert wurde, nachhaltige Trails anzulegen, sollen in einem nächsten Schritt mit Vertretern der Forstbehörden und des Naturschutzes Flächen im Gebiet des Talwaldes identifiziert werden, auf denen Trails unter Berücksichtigung des Naturschutzes angelegt werden könnten. Daran würde sich ein Workshop mit Interessenvertretern aller Gruppierungen anschließen, in dem mögliche Trails ausgestaltet werden, um eine grobe Kostenschätzung zu ermöglichen. Dies würde dann als Grundlage für die Diskussion in den Gemeinderäten der beteiligten Kommunen dienen.